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Verbesserung von Datengüte und Analysemöglichkeiten durch den Einsatz visueller Analogskalen in Onlineumfragen
Frederik Funke

Vortrag auf der gemeinsamen Tagung der Methodensektion in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Arbeitskreises Methoden der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaften zum Thema Onlineforschung
28. & 29. Mai 2011 in Mannheim

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Zusammenfassung
 
Computergestützte Messinstrumente erweitern das Feld etablierter Forschungsmethoden deutlich (siehe Funke & Reips, 2007). Im Folgenden wird eine leicht zu implementierende und kostengünstige Möglichkeit vorgestellt, die Güte online erhobener Daten zu verbessern und gleichzeitig die Möglichkeiten der Datenanalyse zu erweitern. Konkret wird als Alternative zu den herkömmlicherweise bei geschlossenen Fragen genutzten (meist 4- bis 11-stufigen) Ordinalskalen der Einsatz visueller Analogskalen (VAS) vorgeschlagen.
 
VAS sind graphische Antwortskalen (ein freier Webservice zu deren Erstellung findet sich auf http://vasgenerator.net). Es handelt sich meist um eine einfache, zunächst markierungslose, horizontale Linie, bei der ausschließlich die Enden verbal verankert sind. So kommunizieren Befragte beispielsweise die Intensität der Zustimmung zu einem Item, indem sie auf dem Kontinuum der VAS durch einen Klick mit der Maus eine Markierung setzen. Da jeder Bildpunkt der VAS anklickbar ist, entspricht die Länge in Pixeln der Spannweite der Skala.
 
Die Vorteile dieses Skalentyps betreffen die drei zentralen Bereiche empirischer Forschung Fragebogendesign, Analysemöglichkeiten und Datenqualität. Hinsichtlich des Fragebogendesigns entfällt die Entscheidung welche (gerade oder ungerade) Anzahl von Antwortoptionen genutzt werden soll. Zudem sind VAS äußerst effizient, was deren Raumnutzung angeht: Auf dem Platz, den eine Radiobuttonskala mit drei Antwortmöglichkeiten einnimmt, lässt sich eine VAS mit einer Spannweite von 50 Messwerten platzieren. Dass auch Messungen mit extrem kurzen oder langen VAS zu validen Ergebnissen führen können zeigen Reips und Funke (2008).
 
Die Analysemöglichkeiten von mit VAS erhobenen Daten sind deutlich größer, als dies bei Ordinalskalen der Fall ist. So lassen sich Daten – die auf Intervallskalenniveau vorliegen – beispielsweise exakt nach beliebigen empirischen Quantilen rekodieren und das Vorliegen bestimmter Verteilungen lässt sich besser testen.
 
Hinsichtlich der Datengüte zeigen sich weitere Vorteile von VAS. So ist der Formatierungsfehler (siehe Schwarz & Oyserman, 2001) mit VAS bei mental gut repräsentieren Konstrukten äußerst gering. Dies führt dazu, dass das Rauschen durch Kategorisierungsfehler in den Daten geringer ist, als bei den meisten Ordinalskalen. Die erklärte Varianz bei Messungen mit VAS ist größer, Faktorenstrukturen treten deutlicher zu Tage und kleine Effekte, die mit vielen Ordinalskalen nicht beobachtet werden können, lassen sich messen. Der geringere Messfehler bedeutet auch, dass statistische Power steigt und die benötigte Fallzahl bei größeren Effekten verringert werden kann.
 
In der vorliegenden Präsentation werden Ergebnisse mehrerer unabhängiger, feldexperimenteller Studien vorgestellt, die deutliche Belege dafür liefern, dass die theoretischen Vorteilen von VAS auch empirische Entsprechungen haben. Zusammenfassend lässt sich die Empfehlung ableiten, VAS verstärkt in der Onlineforschung zu nutzen.
 
 
Literatur
 
Funke, F., & Reips, U.-D. (2007). Datenerhebung im Netz: Messmethoden und Skalen. In M. Welker & O. Wenzel (Hg.): Online-Forschung 2007: Grundlagen und Fallstudien (S. 52– 76). Köln: Halem.
Reips, U.-D., & Funke, F. (2008). Interval-level measurement with visual analogue scales in Internet based research: VAS Generator [Messungen auf Intervalskalenniveau mit Visuellen Analogskalen in internetbasierten Untersuchungen: VAS Generator]. Behavior Research Methods, 40, 699–704.
Schwarz, N., & Oyserman, D. (2001). Asking questions about behavior: Cognition, communi- cation, and questionnaire construction. American Journal of Evaluation, 22, 127–160.